Handballanekdote aus der Wendezeit
2 min
09. Jan. 2025
Raimo Schwabe
Handballstart der BSG Lokomotive Plau in die gesamtdeutsche und europäische Sportbewegung
Mit der Öffnung der Grenze am 09.11.1989 stand auch die damalige BSG Lokomotive Plau vor der Frage, wie der Verein in Zukunft geführt und auf ein solides Fundament gesetzt werden kann.
Wir hatten das Glück, dass der damalige Vorsitzende des TSV Bordenau, Gerhard Prahl, gebürtiger Schweriner, sich die Aufgabe gestellt hatte, Vereinen im Osten des Landes bei der Neuorientierung zu helfen.
Ab Ende November fanden mehrere Gespräche zur Gestaltung der zukünftigen Zusammenarbeit statt. Vom 09. – 11. Februar 1990 weilte eine Delegation der Plauer Sportler in Bordenau (Niedersachsen). Dort wurde im Endeffekt ein Partnerschaftsvertrag zwischen den beiden Handballabteilungen geschlossen.
Aber schon die Anreise der Delegation forderte beiden Seiten gewaltige Geduld ab.
Die Reise begann mit einem B 1000, der in Perleberg nicht mehr laufen wollte. Durch eine Reparatur in einer Werkstatt schafften wir es, wieder nach Plau zu fahren, um mit zwei Pkw neu zu starten.
Die Straße zwischen der ehemaligen Grenze und dem Ort Brome war noch ein Feldweg und wurde für die Fahrer eine zusätzliche Herausforderung, so dass wir mit 4 Std. Verspätung in Bordenau ankamen. Die Plauer freuten sich, doch noch angekommen zu sein, die Bordenauer ebenfalls, denn sie hatten Angst, dass etwas passiert wäre, wir konnten sie ja nicht informieren, hatten damals keine Handys.
In dem Vertrag wurde die Teilnahme am internationalen Osterturnier der Handballspielgemeinschaft Europäische Begegnung und auch im Mai am Turnier des
TSV Bordenau in Neustadt am Rübenberge vereinbart.
Da beide Turniere vor der Währungsunion und der deutschen Einheit stattfanden, waren es ganz besondere.
Beim Osterturnier erhielten wir den Pokal für die beste ausländische Mannschaft. Junge Spieler von heute sind darüber sicherlich verwundert, dieser konnte aber auch nur in der Zeit vom 09.11.1989 bis zum 02.10.1990 vergeben werden, also eine Rarität. Der Pokal steht im Eingangsbereich unserer Sporthalle und ist dort neben vielen anderen zu bewundern.
Während die Spielerinnen und Spieler beim Osterturnier privat untergebracht waren, hieß es im Mai, in Zelten zu schlafen. Hinzu kam die Selbstversorgung, die Umstellung auf DM war aber noch nicht vollzogen. Deshalb wurden viele Lebensmittel und Getränke mitgenommen. Nach dem Wochenende konnte wohl keiner der Sportfreunde mehr Schnitzel, Bouletten und Toastbrot sehen. Trotzdem denken wir gern an diese ersten Turniere zurück.
Im Rahmen der Handballspielgemeinschaft Europäische Begegnung folgten Osterturniere: 1991 beim HV Hazewind Gieten in den Niederlanden,
1992 bei uns in Plau,
1993 in Pattensen (Niedersachsen),
1994 beim HK Sporty Kopenhagen.
Dabei spielten unsere Mannschaften recht erfolgreich, z.B. 1991 gewannen die Männer das Finale gegen Kopenhagen im 7m-Werfen, in Plau belegten sowohl die Männer als auch die Frauen den 1. Platz.
Da sich immer mehr vor allem ausländische Mannschaften zurückzogen (weite Anreisen und der Turniertermin zu Ostern), einigten sich die verbliebenen Vereine, an anderen Turnieren teilzunehmen.
Für die damaligen Spielerinnen und Spieler bleiben diese Turniere der Spielgemeinschaft Europäische Begegnung in besonderer Erinnerung.
Rainer Wegner